Herkunft der Austrotürken spielte Rolle bei Referendum

In Österreich stimmten 73,33 Prozent der Türken für die Verfassungsreform in der Türkei. Dem Politikwissenschafter und Türkei-Experte Ilker Ataç zufolge hat dies vor allem mit ihrer Herkunft in der Türkei zu tun.

Besonders Austrotürken, die überwiegend aus religiös konservativen Städten und Regionen der Türkei stammen - wie Yozgat (74 Prozent für Ja), Sakarya (68 Prozent) und Trabzon (66 Prozent) - haben in Österreich ebenfalls für das Präsidialsystem gestimmt, sagte Ataç gestern im Gespräch mit der APA. Zudem sei die Wahlbeteiligung der Türken in Österreich im Vergleich zur Parlamentswahl 2015 von 40 auf 47 Prozent gestiegen. Gründe dafür seien der Person Erdoğans zuzuschreiben, dessen Beliebtheit nach dem Putsch zugenommen hatte, so Ataç.

Ilker Ataç ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien sowie als Konsulent für VIDC (Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation) tätig. Gemeinsam mit dem VIDC organisiert er Veranstaltungen zum Thema Türkei mit Beteiligung von Experten aus der Türkei.

Politische Zugehörigkeit

Aber auch die politische Zugehörigkeit spielte dem Experten zufolge eine wichtige Rolle für Auslandstürken. Ein Faktor, der für die Bevölkerung in der Türkei weniger relevant war. Dort waren Aspekte wie ökonomische Stabilität und die Glaubwürdigkeit der Politik entscheidende Faktoren, weshalb das Ja-Lager Stimmen einbüßen musste.

Soziale & ökonomische Integration

Die hohe Zustimmung in Österreich, Deutschland und den Niederlanden ist laut Ataç auch auf die klassische Arbeitsmigration zurückzuführen. Ein weiterer Faktor sei die soziale und ökonomische Integration. So verfüge Deutschland aufgrund größerer Betriebe über bessere Aufstiegschancen für die türkische Bevölkerung als Österreich mit vorwiegend kleineren Betrieben. In den Niederlanden führte die Politisierung allerdings zu einer Abnahme der Wahlbeteiligung und der Zustimmung.

Politische Flüchtlinge in Schweiz

In der Schweiz und in Großbritannien zeigte sich ein relativ starker Anstieg bei der Wahlbeteiligung im Vergleich zur Wahl 2015. Dies sind auch die Länder, in denen für Nein gestimmt wurde (Schweiz 53 Prozent; Großbritannien 79 Prozent). Dort finde sich nicht die klassische Form der Arbeitsmigration, so Ataç. Seit 1980 hätten vor allem politische Flüchtlinge wie Kurden um Asyl angesucht.

Türken in Österreich mehrheitlich für Verfassungsreform