Mehr als sieben Millionen Türken leben in der EU

Insgesamt gut sieben Millionen Türken bzw. türkischstämmige Menschen leben in der EU. Die meisten davon in Deutschland mit rund drei Millionen.

Frankreich folgt mit etwa 900.000, Bulgarien liegt mit 800.000 auf Platz drei. Laut Wikipedia folgen Großbritannien mit 500.000 und die Niederlande mit 480.000. Österreich wird auf Rang sechs mit 360.000 bis 500.000 geführt. Dahinter rangieren Griechenland (350.000), Belgien (220.000), Schweden (200.000), Dänemark (93.000), Rumänien (65.000) und schon abgeschlagen Italien mit nur 19.000. Ein Sonderfall ist Zypern, wo rund 300.000 Türken in der von Ankara besetzt gehaltenen „Türkischen Republik Nordzypern“ leben.

Auseinandersetzungen um Wahlkampfauftritte

Die Auseinandersetzungen um Wahlkampfauftritte führender türkischer Politiker in EU-Staaten haben sich zuletzt verschärft. Vor allem in Deutschland, Österreich und zuletzt den Niederlanden gab es wegen der Absagen und sogar der Ausweisung einer türkischen Ministerin heftige Reaktionen aus Ankara. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan versucht, mit Wahlkampfauftritten in den EU-Staaten die dort lebenden türkischstämmigen Bürger für sein Referendum zu gewinnen, das die Rechte des Parlaments stark beschneidet und in der EU als Angriff auf die Demokratie gewertet wird.

Keine Auftrittsverbot in Schweden

Erst gestern hat sich nun auch Schweden beunruhigt über türkische Wahlkampfveranstaltungen geäußert. Verboten sind zwar solche Veranstaltungen nicht, doch hatte ein Lokal, in dem ein türkischer AKP-Politiker der Partei von Erdoğan auftreten wollte, das Treffen abgesagt. Der Gastwirt argumentierte, dass sein Restaurant in die politischen Diskussionen in der Türkei hineingezogen wird.

Verbale Wutreaktionen aus Türkei

Aus Ankara gab es in den vergangenen Wochen wegen dieser Entwicklung und der Kritik seitens der EU-Staaten teils exzessive verbale Wutreaktionen. Die Niederländer wurden als „Faschisten“ beschimpft, gegen Deutschland war zuvor der Vorwurf von „Nazi“-Methoden aufgetaucht. Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hatte sich vergangene Woche für eine EU-weite Regelung für die Untersagung von türkischen Wahlkampfauftritten in den Mitgliedsländern ausgesprochen, war damit aber kaum auf Gegenliebe bei den anderen Ländern gestoßen, die sich ihren nationalen Spielraum nicht nehmen lassen wollen.

Türkei weiterhin EU-Beitrittskandidat

Die Türkei ist ungeachtet der Verschärfung der Lage weiterhin EU-Beitrittskandidat. Allerdings könnte die jüngste Aussage von Erdoğan, bei einem Ja der Türken am 16. April zum Referendum über das umstrittene Präsidialsystem die Wiedereinführung der Todesstrafe im Parlament zu debattieren, einen automatischen Austrittsweg aufzeigen. Wenn die Türkei die Todesstrafe wieder einführt, kann sie kein Mitglied der EU werden, und auch als Beitrittskandidat würde sie dann die Bedingungen nicht mehr erfüllen.

Einzelne Unterstützungsprogramme eingestellt

Immerhin hat die Europäische Kommission als Reaktion einzelne Unterstützungsprogramme für die Türkei eingestellt. EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn erklärte, von 4,45 Milliarden Euro, die für den Zeitraum 2014 bis 2020 für die Türkei zur Verfügung stünden, seien zuletzt nur 167,3 Millionen ausbezahlt worden. Er machte gleichzeitig deutlich, dass es rechtlich derzeit nicht möglich wäre, die sogenannten Vortrittshilfen einfach ganz einzufrieren. Dazu müssten die 2005 gestarteten EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei offiziell gestoppt werden.