Diskriminierung von befreiten KZ-Insassen

Jener Artikel vom Sommer 2015 in der rechten Zeitschrift „Aula“, in dem KZ-Häftlinge als „Massenmörder“ und „Landplage“ bezeichnet worden waren, ist ein „schwerer Verstoß gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse“.

Das hat der Presserats nun festgestellt. Für Aufsehen hatte zuletzt auch gesorgt, dass die Grazer Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen die „Aula“ eingestellt hatte.

„Klare Pauschalverunglimpfung“

Der Senat 3 des Presserates erkennt in dem Artikel „eine klare Pauschalverunglimpfung“. Schon durch die Überschrift „Mauthausen-Befreite als Massenmörder“ komme es zu einer deutlichen Diskriminierung von befreiten KZ-Insassen. Gleiches gelte für den ersten Satz des Artikels, laut dem „ein nicht unerheblicher Teil der befreiten Häftlinge aus Mauthausen“ nach Meinung des Autors „den Menschen zur Landplage gereichte.“

Stigmatisierung von KZ-Opfer als Verbrecher

„Besonders verwerflich“ empfindet der Senat laut Aussendung von heute eine Passage, in der zunächst auf alle Mauthausen-Befreiten Bezug genommen wird und unmittelbar im Anschluss davon die Rede ist, dass „die Kriminellen raubend und plündernd, mordend und schändend das unter der ’Befreiung leidende Land plagten.“ Dem Autor sei es offensichtlich darum gegangen, die KZ-Opfer generell als Verbrecher zu stigmatisieren, ähnlich wie es das NS-Regime bereits vor Ende des zweiten Weltkriegs versucht hatte.

Täter-Opfer-Umkehr

Der Presserat erkennt darin eine Täter-Opfer-Umkehr. Der staatlich organisierte Massenmord, der im KZ Mauthausen stattgefunden hat, finde in dem Artikel mit keinem Wort Erwähnung. Der Artikel sei auch nicht damit zu rechtfertigen, dass offenbar eine Gruppe von acht Hitlerjungen, die wahrscheinlich als sogenannte Werwölfe gegen die Alliierten auch noch nach Kriegsende Widerstand leisten wollten, von zwei KZ-Insassen umgebracht wurden. Dieser Vorfall dürfe nicht dazu missbraucht werden, die befreiten Insassen aus dem KZ Mauthausen generell zu verunglimpfen, stellt der Presserat fest.

Nicht Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen

Der Presserat fordert die „Aula“ auf, seine Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen, macht aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass sich die Medieninhaberin bisher nicht der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats unterworfen habe.

Verfahren gegen „Aula“ eingestellt

Im Februar hatte die Staatsanwaltschaft Graz ein Verfahren gegen die „Aula“ eingestellt. Heftige Kritik hatte sich vor allem an der Begründung der Anklagebehörde entzündet, wonach es „nachvollziehbar“ sei, dass die 1945 befreiten Häftlinge aus dem KZ Mauthausen eine „Belästigung“ für die Bevölkerung darstellten. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) reagiert darauf mit verstärkter Bewusstseinsbildung und Information für angehende Richter und Staatsanwälte.