Mahnmal „369 Wochen“ erinnert an Opfer der NS-Justiz

Zur Erinnerung an die Opfer der NS-Justiz wurde beim Wiener Straflandesgericht ein Mahnmal errichtet. Eine große Pyramide aus Stahl trägt den Schriftzug „369 Wochen“.

In dem Gerichtsgebäude wurde von 1938 bis 1945 an mehr als 1.200 Menschen - viele von ihnen im Widerstand aktiv - die Todesstrafe vollstreckt.

Feierlichen Übergabe des Mahnmals "369 Wochen" zur Erinnerung an die NS-Justizopfer 1938-1945 vor dem Landesgericht Wien

APA/Herbert Neubauer

Feierlichen Übergabe des Mahnmals „369 Wochen“ zur Erinnerung an die NS-Justizopfer 1938-1945 vor dem Landesgericht Wien

„Niemals vergessen" ist Pflicht“

„Niemals vergessen, das ist unsere Pflicht“, mahnte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) gestern Abend bei der feierlichen Übergabe des Mahnmals. Es soll „für immer daran erinnern, dass unsere Gesellschaft nie wieder den Boden der Demokratie verlassen darf“, betonte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Einen „Zeugen“ sieht Faymann in dem Mahnmal - angelehnt an das Zitat des Holocaust-Überlebenden und Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel, dass „jeder, der heute einem Zeugen zuhört, selbst ein Zeuge werden wird“. Die Vergangenheit müsse jeden Tag aufs Neue eine Lehre sein, „deshalb dürfen wir nicht müde werden, all die demokratischen Errungenschaften, für die unsere Vorfahren gekämpft haben, zu beschützen und zu verteidigen“, sagte der Kanzler und bekräftigte: „Hass, Verhetzung und Ausgrenzung haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.“

Feierlichen Übergabe des Mahnmals "369 Wochen" zur Erinnerung an die NS-Justizopfer 1938-1945 vor dem Landesgericht Wien

APA/Herbert Neubauer

Feierlichen Übergabe des Mahnmals „369 Wochen“ zur Erinnerung an die NS-Justizopfer 1938-1945 vor dem Landesgericht Wien

An 1.200 Menschen getötet

An die Opfer der NS-Justiz erinnert ab nun die aufgestellte Stahlpyramide mit der - auch auf das Gerichtsgebäude projizierten - Aufschrift „369 Wochen“. Im „Landl“ wurde im „Hinrichtungsraum“ - heute eine Weihestätte - an 1.200 Menschen die Todesstrafe vollstreckt, darunter Männer und Frauen des politischen und katholischen Widerstandes, Priester, auch die bekannte Schwester Restituta sowie Opfer der Militärjustiz.

Haus als „Zeuge von schrecklichem Leid“

„Dieses Haus ist für Opfer, Überlebende und Hinterbliebene noch heute Zeuge von schrecklichem Leid, unvorstellbaren Grausamkeiten und schlichtem Unrecht“, betonte Brandstetter. Aber es sei auch Zeitzeuge einer ständigen Entwicklung bis hin zur heutigen Strafprozessordnung, die versuche, Opferinteressen zu berücksichtigen und einen rechtsstaatlichen Prozess für Täter zu garantieren.

„Öffentliches Bekenntnis zu unseren Werten“

Die seit Jänner am „Grauen Haus“ angebrachten zehn „Zeittafeln“ - samt Broschüre - zeigten diese Entwicklung auf. Sie sind ebenso wie das Mahnmal der Versuch, „durch die Geschichte zu lernen“. Das Mahnmal als „öffentliches Bekenntnis zu unseren Werten“ brauche man „gerade in Zeiten von nicht wirklich einschätzbaren Bedrohungsszenarien mitten in Europa, durch Terroristen, die unsere Demokratie und unser Verständnis von Frieden nachhaltig zu erschüttern versuchen“, konstatierte der Justizminister.

Widerstandskämpferin Käthe Sasso bei der feierlichen Übergabe des Mahnmals "369 Wochen" zur Erinnerung an die NS-Justizopfer 1938-1945 vor dem Landesgericht Wien

APA/Herbert Neubauer

Widerstandskämpferin Käthe Sasso anlässlich der feierlichen Übergabe des Mahnmals „369 Wochen“ zur Erinnerung an die NS-Justizopfer 1938-1945 vor dem Landesgericht Wien

„Unermüdliches Engagement“ von Käthe Sasso

Er dankte der Widerstandskämpferin Käthe Sasso für ihr „unermüdliches Engagement“ für das Mahnmal. Auf Sasso gehen auch Titel und Aufschrift des von der österreichischen Künstlerin Eva Schlegel entworfenen Mahnmals zurück - „369 Wochen“ dauerte die Nazi-Herrschaft in Wien.