Bildung scheitert an Diskriminierung

Kinder von Migranten, die so genannte Zweite Generation, brechen Schule und Lehre öfter ab, haben niedrigere Bildungsabschlüsse, bekommen seltener eine ihrer Qualifikation entsprechende Stelle.

Dabei streben Frauen der Zweiten Generation oft höhere Bildung an, scheitern aber an Diskriminierung. Das zeigt eine gestern präsentierte Studie, in der Strategien für mehr Weiterbildung dieser Gruppe entwickelt wurden.

Studie „Standpunkt.Bildung“

In der Studie „Standpunkt.Bildung“ des Expertennetzwerks „learn forever“ berichten beinahe alle der in Wien und Salzburg Befragten (37 Frauen zwischen 19 und 35 mit Eltern aus der Türkei oder Ex-Jugoslawien) von diskriminierenden Erfahrungen in Kindergarten, Schule und am Arbeitsmarkt, wobei Frauen mit türkischen Wurzeln stärker betroffen sind. Die Eltern der Befragten, die überproportional geringe Bildung und niedriges Einkommen haben, hatten zwar wie die Frauen selbst höhere Bildung als Ziel. Die Frauen trafen allerdings auf Hemmnisse wie etwa die Zuweisung in die Sonderschule, in schlechtere Leistungsgruppen oder die „automatische“ Empfehlung für die Hauptschule anstelle des Gymnasiums wegen (unterstellt) schlechter Deutschkenntnisse. Bei einigen Befragten führte laut Bericht auch Mobbing aufgrund ihrer Herkunft zu schlechteren Leistungen bzw. Schulabbruch.

Laut Bericht ist Unterstützung durch Eltern oft an Sprachproblemen, zu wenig Geld für Nachhilfe oder zu geringer Kenntnis des Schulsystems gescheitert. Weder Eltern noch Schülerinnen haben erfasst, was der Besuch von Sonder- oder Hauptschule bedeutet und sie waren auch bei der Entscheidung für eine weiterführende Schule oder Berufsausbildung überfordert.

Rückzug in Community

Bei der Lehrstellensuche berichten vor allem Frauen mit Kopftuch von Diskriminierung, die Berufsausbildung fand bei den Befragten oft in schlecht bezahlten Bereichen (Handel, Gastronomie) statt. Als Reaktion darauf, dass die Mehrheitsgesellschaft sie noch immer als Ausländerinnen sieht, obwohl sie selbst sich als Österreicherinnen definieren, ziehen sich die Frauen häufig in ihre Community zurück.

Ansprechende Angebote der Erwachsenenbildung

Derzeit zählen 17 Prozent der in Österreich lebenden jungen Frauen (bis 14-Jährige) zur Zweiten Generation, die in den kommenden Jahren in den Arbeitsmarkt eintreten und potenzielle Kundinnen von Weiterbildungseinrichtungen werden. Die Frauen würden sich dabei wünschen, dass es mehr Wissen über ihre Bedürfnisse und Lebensrealitäten gebe und sie sich von den Angeboten der Erwachsenenbildung auch angesprochen fühlen, zog abz*austria-Geschäftsführerin Manuela Vollmann bei einer Pressekonferenz Bilanz aus der Studie. Die Wiener Non-Profit-Frauenorganisation abz*austria und das Bildungszentrum Saalfelden haben auf Basis der Befragung Vorschläge zur Verbesserung der Bildungsangebote gemacht.

Lösungsvorschläge

Die Liste der Lösungsvorschläge ist lang und umfasst u.a. mehr muttersprachliche Information der Eltern zum österreichischen Schulsystem, eine bessere Verteilung von Kindern mit Migrationshintergrund auf verschiedene Klassen und Schulungen von Lehrern sowie Schulleitern in interkultureller Kompetenz, um die wachsende Zahl von Migrantenkindern gut betreuen zu können. Wichtig wäre laut den Empfehlungen auch ein leichterer Wechsel zwischen den Schultypen, bessere Angebote zur Berufsorientierung auch durch Berater mit Migrationshintergrund und Lobbying bei Lehrbetrieben und Unternehmen zu den Vorteilen von Mehrsprachigkeit.

Niederschwellige Strategien

Um Frauen der Zweiten Generation mit niedriger Bildung zu erreichen, brauche es außerdem niederschwellige Strategien, um den Frauen den Nutzen von Weiterbildung zu vermitteln - etwa Informationen bei Eltern-Kind-Treffen, Familienberatungsstellen, in Kindergärten etc. in Zusammenarbeit mit ethnischen Vereinen. Die Experten fordern außerdem mehr Möglichkeiten, neben dem Beruf Aus-und Weiterbildungen zu absolvieren, wobei für diese Zeit der Lebensunterhalt und die Kinderbetreuung gesichert sein müssten.

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